Tuesday, May 06, 2008

Tuesday, October 24, 2006

Hildegard von Bingen und Tante Lilo

Tante Lilo geht zum Arzt, weil sie mit ihren 82 ganz viel Blut im urin hatte. Eigentlich war da gar kein urin, nur Blut.
Der Arzt untersucht sie, macht Muh und macht Mäht und grummelt entsetzt vor sich hin. Arme Tante Lilo: "ach, also ist es Krebs!" entfährt es ihr.
Aus seinen Gedanken gerissen wendet sich der Angesprochene zu ihr um und verkündet schmunzelnd: "nein nein, gute Frau, sie habe ihre Monatsblutung wieder."
(...) Sagen Sie, wie leben Sie eigentlich? Wie ernähren sie sich?
Dabei kommt heraus, dass Tante Lilo seit 10 jahren Hildegard-Medizin praktiziert. Also diverse Weinchen für allerlei Wehwehwechnen braut und trinkt, Dinkelkost und Betram mampft und weiss ich was noch alles.
jedenfalls hätte sie eine unglaublich gute Zellregeneration und den unterleib eines pubertierenden Mädchens ...
Ob sie nicht mal aufhören wolle, dieses hildegard zeugs zu schlucken, sonst würde sie noch 200 jahre alt werden ...

Friday, October 13, 2006

Was ist gesund ???

Rote Beete. Ein Viertel Wein am Abend. Kalzium, Magnesium, Kalium, Vitamin A, B, C und Äpfel.
Körnerbrei und Müsli.
"Iss, das ist gesund." (Rote Beete)
"Das ist sooooo gesund" (Breimehl Brei aus Vollkornschrot)
"Das ist nicht gesund!" (Schokolade, Margarine, Coca Cola)
"Gesund, gesund, gesund ...!"
Als Kinder haben wir Mutti ein Tabu-Wort auferlegt: gesund.
Es war einfach nicht mehr auszuhalten, alles und jedes was sich auf den Weg in den Mund machte muss mit "gesund" oder "ungesund" kommentiert werden.

Dann gab es noch die Medizin.
Bierhefe Tabletten am frühen morgen. Noch heute entfährt mir ein Pfui Deibel im Angedenken. Da der Küchenboden dieselbe Farbe wie die Hefetabletten hatte, erfreute sich der Boden in der Friedhofstrasse 4 allerbester Gesundheit!

Und dann Baldrian. Igitt. Bei der ersten Weigerung es einzunehmen hiess es, das ist gut für deine Nerven.
Bei der zweiten wurde mit Nachdruck auf meine angebliche Nervosität hingewiesen.
Die dritte Weigerung fiel meist tatsächlich sehr genervt aus, womit das Kind sich sofort ein Eigentor einholte: "siehst du! Siehst du, wie nervös du bist, du brauchst UNBEDINGT diese Tropfen"
Kein Pardon.

Wednesday, October 11, 2006

Die Blume Erika

Zuerst hatte sie eine Blinddarmentzündung. Harmlos will ich das nicht nennen, aber auch nicht so katastrophal, dass die verabreichte Medikation die Schilddrüse zum Platzen bringt. Dies war leider so unnötig wie ein Kropf, dennoch ist es geschehen.

Es ging ihr eine Zeitlang schlecht, bis zur Entdeckung der falschen Medikation.
Oh weh. Überfunktion.
Also ganz schnell das Gegenteil verabreichen. Und zwar volle Kanne.

Stressbedingt streikte eine Bandscheibe, sie liess sich einfach an einen Schreibtisch weiter versetzten. Dummerweise war das der Platz von Nerven, die
selbstverständlich sofort beim Chef Klage einreichten.

Das arme Blümchen kämpfte etwa zwei Jahre damit. Sie ging nach Kolumbien, wo die Reste der Schilddrüse gerettet wurden, sie ging in eine Rehaklinik, wo die Bandscheibe zur Vernunft gerufen wurde, sie verabschiedete sich aber nicht von ihrem Stress. In dieser Zeit verabschiedeten sich neunzig Prozent ihrer Freunde.

Und Blümchen kämpfte verweifelt weiter, Verzweiflung ist jedoch niemals ein guter Begleiter und so donnerte sie in ihrem Kummer gegen die Wand. Mit dem Fahrrad. Vor dem Finanzamt.
Es war einfach nicht zu glauben. Unfair und gemein.

"Wenn der Himmel einen Menschen liebt, lässt er ihm einen Freund begegnen" besagt ein altes chinesisches Sprichtwort. Und so kam Sonnenblume in Erikas Leben.

Das Rad dreht sich weiter, die Geschichte nimmt ihren Lauf, Blümchens Schilddrüse erholte sich nie so richtig. Da hatte es die Blume satt und liess ihre Schilddrüse zertrümmern. Wo keine Schilddrüse, da auch keine Probleme mit eben jener. Und Medikamente gibts immer genug bei Ärzten.
Eins für die Schilddrüse, eins für die Psyche, zwei für den Magen und manchmal noch eins für die wieder auftretenden Rückenschmerzen.

Blümchen überstand auch diese Zeit mehr recht als schlecht, aber omi, warum bist du ausgerechnet in dieser Zeit von uns gegangen?

Wir kommen vom Thema ab.

Blume Erika begann wieder Filme zu machen. Die Bandscheibe hatte keine Lust mehr. Ein
Orthopäde verabreichte ihr Tramal. Ups. Hoppla, schöner Träumen mit Tramal.

[Tramal® ist ein zentral (im Gehirn) wirkendes Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide und wird bei mäßig starken bis starken Schmerzen unterschiedlicher Ursache eingesetzt.
Der Wirkstoff des Medikamentes erzielt seine schmerztherapeutische Wirkung durch Beeinflussung spezifischer Nervenzellen des Rückenmarkes und des Gehirns.
Quelle: www.dr-gumpert.de]

Tramal wird bei Extremitätenverlängerungen eingesetzt. Ein äusserst wirksames Mittel, solange man es verträgt.
Ansonsten entwickelt der Magen ein unangenehmes Eigenleben, die Augen drängen nach oben innen, die Perspektive verschiebt sich, das Herz hüpft und anstelle des Gehirns steckt ein Brot.
Ob es Wechselwirkungen mit Schilddrüsen Medikamenten eingeht müsste geprüft werden.

Jedenfalls erschrak das Blümchen nicht schlecht, als sämtliche oben angeführten Risiken und Nebenwirkungen bei ihr auftraten. Kam das von der Schilddrüse? Vom Medikament? So weit konnte sie gar nicht mehr denken, denn sie hing 90% des Samstages über der Kloschüssel. Mit Mühe und Not konnte sie ihren Magen daran hindern, ebenfalls durchs Ablussrohr das Weite zu suchen.

Versuchen sie mal zum zehnten Mal ihren nicht mehr vorhandenen Mageninhalt herauszuwürgen.
Ungeübte werden am nächsten Morgen über Muskelkater klagen. Beim Blümchen krachte es laut.
In der Lendenwirbelsäule. Es folgten kribbeln und Lähmungserscheinungen im Bein.

Ein Anruf bei Lilie, ein weitere bei der Ambulanz führte Erika in die Unfallchirurgie des Virchow Klinikums.

***

Im Klinikum wurde die aufgelöste und mit leicht kolumbianischem Akzent sprechende Patientin erst mal medikamentös beruhigt. Die Schmerzen mit Cortison vertrieben.

Das ging dann Sonntag, Montag und Dienstag so. Neben ihr lagen Knochenbrüche, Beinbrüche und Splitterbrüche. Kein Bandscheibenpatient.

Der Doktor fragt:
- Was ist passiert?
Die Patientin antwortet wahrheitsgemäß:
- ich musste brechen und dabei ist ein Wirbel rausgesprungen. Knacks, Krach hat es gemacht
Der Doktor sagt:
- jaja

Am Mittwoch kommt ein Neurologe, der die Lähmungserscheinungen prüfen soll.

Der Neurologe fragt:
- Wo sind denn die CT's?
Die Patientin antwortet:
- es wurden keine gemacht
Der Neurologe sagt:
- Oha. Dann ist meine Arbeit hier nicht sinnvoll.
Dann fragt er:
- Wieso liegen sie nicht auf der neurologischen Station?
Die Patientin antwortet:
- Weiss nicht ...?

Am Donnerstag liegt die Patientin immer noch ohne Diagnose bei den Unfällen herum. Auf Arbeit wird man nervös.

Die Patientin fragt:
- warum bekomme ich keine Physiotherapie?
Niemand antwortet
Die Patientin fragt:
- kann ich Gehhilfen bekommen, dass ich zur Dusche/Toilette gehen kann?
Schwester Berta drückt ihr Krücken in die Hand.

Am Freitag wird endlich das CT gemacht. Ausgewertet werden soll es am Montag.
Der Chef bleibt im Ungewissen, die Patientin ebenfalls.

Am Sonntag kommt ein Stationsarzt vorbei, runzelt die Stirne, macht ein paar mal Hm, hm, jaja, und sagt dann:
- Stellen sie sich darauf ein, dass sie nächste Woche operiert werden müssen.
Die Patientin reisst die Augen auf.
Der Stationsarzt sagt:
- Najaaaaaa, ich kann das natürlich nicht beurteilen, ich bin ja gar nicht Experte, also eigentlich verstehe ich überhaupt nichts davon, aber ich gehe schon davon aus, dass ...

Die Patientin bereitet sich psychisch auf eine Op vor. Sie ruft ihre Familien in Kolumbien an, sie möchte mit Sonnenblume reden, die leider nicht zu erreichen ist.

Am Montag in der Visite sagt der Chefarzt Dr. XY:
- Folgender Vorschlag Frau Blume: zu 50% könnten Sie genesen mit konventionnellen Therapien, sprich Reha, zu 50% könnte dasselbe passieren mit einer Operation.

Die Patientin ist verwirrt, schöpft aber Hoffnung. Sie will sich nicht wirklich operieren lassen.

Am Dienstag sagt XY:
- also wir operieren dann morgen ...
Die Patientin unterbricht:
- ich möchte gerne in die Reha
XY:
- Frau Blume, wenn sie sich nicht sofort operieren lassen, haben sie 0% Heilungschancen. Allerdings liegen die Chancen bei einer Op bei 70%.

Erika schluckt, guckt entsetzt, wagt zu widersprechen:
- aber gestern sagte sie ...
XY:
- das haben sie falsch verstanden.
(Einschub, hat sie nicht, wie die Bettnachbarn versichern)
Erika:
- und Reha, erst mal mit Reha versuchen ...

XY's Sätze beginnen fortan mit: "Also wir hier in Deutschland machen..."
und Erikas Sätze werden zunehmend von Schluchzern unterbrochen.

Schliesslich hat XY keine Lust mehr, Fragen zu beantworten, er will schliesslich operieren, das ist sein Job, von etwas anderem versteht er nichts.
Lässig legt er die hand auf Erikas Schulter, dann blickt er sie eindringlich an und meint:
"Überlegen sie es sich bis morgen früh. Wenn sie sich nicht operieren lassen möchten, dann werden sie morgen nachmittag nach Hause entlassen.

***
Fortsetzung folgt

Friday, September 15, 2006

Vorgeschichte zu "Osteopathie" und "Beinverlängerung"

Wie kommt Patient zum Osteopathen?
Da diese Frage bereits mehrfach an mein Ohr getrommelt hat, beschliesse ich nun, die ganze Geschichte aufzurollen.

Um dem geneigten Leser die Lektüre zu erleichtern, wähle ich auch bei diesem Tatsachenbericht die Form der Kurzgeschichte und scheue mich nicht vor Humor, Ironie und Subjektivität.

Es geht gleich los.

Einen Moment noch.